Bürgerbeteiligungssatzung der Gemeinde Lohra

vom (Stand: 09.06.2021)

 

Auf der Grundlage von § 5 der Hessischen Gemeindeordnung in der Fassung vom ………..hat die Gemeindevertretung Lohra am 01.07.2021 folgende Satzung beschlossen:

 

Anmerkung: Durch Widerspruch des Bürgermeisters vom 08.07.2021 wurde die Rechtswirksamkeit dieser Satzung gehemmt. Wir arbeiten weiter an der Umsetzung einer entsprechenden Satzung

 

Inhaltsverzeichnis:

Präambel

§1 Grundsatz

§2 Begriffsbestimmungen und Anwendungsbereich

§3 Formvorschriften

§4 Vorhabenliste

§5 Instrumente der Bürgerbeteiligung

§6 Vorhabenbegleitende Bürgerbeteiligung

§7 Bürgerfragestunde

§8 Bürgerversammlung

§9 Vorschlagsrecht für Anträge

§10 Bürgerbefragungen

§11 Weitere Maßnahmen zur Information und Teilhabe

§12 Inkrafttreten, Überwachung

 

Präambel

 

Die vorliegende Satzung soll die Rechte der Bürgerinnen und Bürgern gegenüber den gewählten Gemeindeorganen verdeutlichen und stärken. Sie soll die Einwohner einladen, die Förderung des Allgemeinwohls mitzugestalten. Die Regelungen der Hessischen Gemeindeordnung (HGO) in der jeweils gültigen Fassung bleiben unberührt und gelten uneingeschränkt und vorrangig.

 

 

 

§1 Grundsatz

 

Ziel dieser Satzung ist es, durch eine mitgestaltende und frühzeitig einsetzende Beteiligung der Bevölkerung an gemeindlichen Planungs- und Entscheidungsprozessen Transparenz zu schaffen, das Vertrauen zwischen der Bürgerschaft, Verwaltung und Politik zu stärken, die demokratische Diskussionskultur auszubauen und die dauerhafte Handlungsfähigkeit der gemeindlichen Organe in enger Zusammenarbeit mit der Bevölkerung zu sichern.

 

§2 Begriffsbestimmungen und Anwendungsbereich

 

(1)  Vorhaben sind alle wesentlichen Entscheidungen mit Ausnahme von Personalentscheidungen und rechtlich gebundenen Entscheidungen. Zu den Vorhaben können insbesondere Entscheidungen über Bauvorhaben der Gemeinde, die Gestaltung öffentlicher Räume und Gebäude, die Begleitung privater Investitionen von besonderer Bedeutung durch die Gemeinde im Rahmen der Bauleitplanung, verkehrliche Planungen, Vorhaben im Bereich des Sports und die Gründung, der Betrieb, die wesentliche Änderung und die Auflösung öffentlicher Einrichtungen im Sinne des § 19 HGO zählen.

(2)  Bürgerbeteiligungsverfahren sind Verfahren zur Information der Bevölkerung oder zur Abgabe von Empfehlungen durch die Bürgerschaft.

(3)  Zur Bürgerschaft im Sinne dieser Satzung gehören alle mit Hauptwohnsitz in Lohra gemeldeten Personen im geschäftsfähigen Alter im Sinne des §106 BGB.

(4)  Beteiligungsverfahren können zu allen rechtlich nicht vollständig gebundenen Entscheidungen der Gemeinde Lohra eingeleitet werden, die sie in eigener Zuständigkeit durchführt, insbesondere für Satzungen über Ge- und Verbote sowie über die Erhebung öffentlicher Abgaben, Bauleitplanverfahren, vorbereitende Konzepte und Zulassungsverfahren mit zwingender oder fakultativer Beteiligung der Öffentlichkeit.

 

§3 Formvorschriften

 

Es gelten die allgemeinen Vorschriften nach dem Hessischen Verwaltungsverfahrensgesetz (HVwVfG) und die einschlägigen Vorschriften zur Anwendung elektronischer Verfahren.

 

§4 Vorhabenliste

 

(1) Der Gemeindevorstand stellt eine Liste mit Vorhaben im Sinne des § 2 Absatz 1 an leicht auffindbarer Stelle ins Internet. Diese Vorhabenliste kann durch Beschluss der Gemeindevertretung verändert werden.

(2) Die Liste enthält

a.  eine Bezeichnung und Kurzbeschreibung des Vorhabens mit Angaben über die mit dem Vorhaben angestrebten Ziele,

b.  bei raumbezogenen Vorhaben Angaben zu seiner räumlichen Lage im Gemeindegebiet,

c.   eine Beschreibung der beabsichtigten Verfahrensschritte einschließlich solcher zur Beteiligung der Bürgerschaft mit Angaben zum vorgesehenen Zeitpunkt und der Dauer.

(3) Die Informationen sollen so frühzeitig eingestellt werden, dass Anregungen und Kritik der Bürgerschaft noch berücksichtigt werden können.

(4) Die Vorhabenliste ist mindestens alle drei Monate fortzuschreiben. Ein entsprechender Hinweis auf die Vorhabenliste hat im Amtsblatt zu erfolgen.

 

§5 Instrumente der Bürgerbeteiligung

 

(1) Der Gemeindevorstand fördert die Ziele der Satzung durch die Einräumung von Einsichtsrechten in die Unterlagen zu Vorhaben, die in der Vorhabenliste aufgeführt sind, für Bürger, die ein berechtigtes Interesse glaubhaft machen können. Ob ein berechtigtes Interesse vorliegt, entscheidet der Gemeindevorstand.

Der Gemeindevorstand kann die Ziele der Satzung fördern, indem er eine elektronische Plattform einrichtet, auf der Vorhaben öffentlich diskutiert werden können.

(2) Der Gemeindevorstand kann ausgewählte Entscheidungen der Gemeinde durch vorhabenbegleitende Bürgerbeteiligung (§7) und repräsentative Befragungen (§11) vorbereiten.

(3) Die Bürgerschaft erhält das Recht,

a.  Fragen an den Gemeindevorstand zu richten,

b.  die Durchführung von Bürgerversammlungen anzuregen,

c.   Anträge an die zuständigen Organe der Gemeinde anzuregen,

d.  Bürgerbefragungen vorzuschlagen, insbesondere zu Themen, zu denen ein Bürgerentscheid im Sinne des §8b HGO gesetzlich nicht vorgesehen ist.

(4) Der Gemeindevorstand unterrichtet interessierte Personen auf deren Wunsch über die Voraussetzungen für die Ausübung der bürgerschaftlichen Rechte nach Absatz 3.

 

 

§6 Vorhabenbegleitende Bürgerbeteiligung

 

Der Gemeindevorstand beteiligt die Einwohnerschaft in geeigneter Weise an ausgewählten Vorhaben, für die sich wegen ihrer Bedeutung oder aus anderen Gründen, beispielsweise aus Reaktionen auf die Vorhabenliste nach §4, ein entsprechendes Bedürfnis dazu gezeigt hat.

Die Zuständigkeiten der Gemeindevertretung bleiben unberührt.

Als besonders geeignetes und regelmäßig wiederkehrendes Vorhaben im Sinne dieser Satzung wird der jährliche Haushaltsplan der Gemeinde gesehen, der in leicht verständlicher Sprache dargestellt werden soll.

 

§7 Bürgerfragestunde

 

(1)  Alle Personen, die mit erstem Wohnsitz in Lohra gemeldet sind, und alle Personen, die Eigentum oder ein Erbbaurecht an einem Grundstück im Gemeindegebiet haben, können Fragen, Anregungen und Wünsche schriftlich, auch per E-Mail, an den Gemeindevorstand richten.

(2)  Die Eingaben sind kurz zu fassen. Es ist anzugeben, ob eine schriftliche oder mündliche Stellungnahme gewünscht ist und ob sie in öffentlicher Sitzung abgegeben werden soll.

(3)  Der Gemeindevorstand berät die Eingaben und gibt in der Regel eine Stellungnahme ab, der Bürgermeister verkündet das Ergebnis der Beratung, wenn gewünscht bzw. erlaubt, auch im Rahmen von öffentlichen Sitzungen, sofern alle Belange des Daten- und Persönlichkeitsschutzes beachtet werden und die Beantwortung keine Nachteile für die Gemeinde nach sich ziehen, weil

a.    die Unterlagen Informationen enthalten, über die nach §52 HGO unter Ausschluss der Öffentlichkeit zu beraten wären, oder

b.    die Unterlagen Informationen enthalten, die aufgrund vertraglicher Vereinbarungen geheim zu halten sind, oder

c.    die Gewährung von Einsicht gegen Urheberrechtsschutz-, Geheimhaltungs- oder Datenschutzvorschriften bzw. gegen anderes Bundes- oder Landesrecht verstoßen würde.

(4)   Sofern es zu keiner Abgabe einer Stellungnahme kommt, sind die Fraktionen über den genauen Wortlaut der Eingabe zu informieren.

 

§8 Bürgerversammlung

 

Unter Beachtung des §8a HGO können Personen mit erstem Wohnsitz in der Gemeinde Lohra die Durchführung einer Bürgerversammlung beim Vorsitzenden der Gemeindevertretung anregen. Dies gilt vor allem dann, wenn im betreffenden Kalenderjahr noch keine Bürgerversammlung stattgefunden hat oder geplant ist. Die Angabe von zu behandelnden Themen bei der Anregung ist zulässig. Anregungen zur Durchführung einer Bürgerversammlung sind der Gemeindevertretung mitzuteilen.

 

§9 Vorschlagsrecht für Anträge

 

Personen mit erstem Wohnsitz in der Gemeinde Lohra steht das Recht zu, entweder gegenüber dem Gemeindevorstand, dem Bürgermeister oder der Gemeindevertretung Anträge mit der Bitte anzuregen, dass die darin beschriebenen Inhalte von den jeweils zuständigen Gremien aufgegriffen werden. Unter der Voraussetzung einer grundsätzlichen inhaltlichen Zuständigkeit der Gemeinde kann und soll ein solcher Antrag von den Empfängern behandelt werden. Die ideengebende Person soll über das weitere Verfahren und das Ergebnis der Anregung in Kenntnis gesetzt werden.

Anregungen, die nicht in den entsprechenden Gremien behandelt werden können, sind den Fraktionen im Wortlaut zur Kenntnis zu geben.

 

§10 Bürgerbefragungen

 

(1)  Der Gemeindevorstand kann anlassbezogen repräsentative oder vollständige Befragungen bei Personen mit erstem Wohnsitz in Lohra durchführen. Die Repräsentativität ist sicherzustellen. Wie sich die Stichprobe zusammensetzt ist gegenüber der Gemeindevertretung offenzulegen.

(2)  Elektronische Kommunikationsmittel sind sinnvoll einzusetzen.

(3)  Die Umfrageergebnisse sind auszuwerten und der Gemeindevertretung vorzulegen. Die Gemeindevertretung wägt die Ergebnisse in ihren Entscheidungen mit den übrigen zu berücksichtigenden öffentlichen und privaten Belangen ab.

(4)  Der Gemeindevorstand und die Gemeindevertretung beachten die Einhaltung der datenschutzrechtlichen Vorschriften.

 

§11 Weitere Maßnahmen zur Information und Teilhabe

 

(1)  Interessierte an öffentlichen Sitzungen sind durch geeignete Maßnahmen Informationen zur Verfügung zu stellen, die das Nachverfolgen von öffentlichen Beratungen ermöglichen und erleichtern. Die Information kann beispielsweise durch das Auslegen von Sitzungsunterlagen, Hinweise auf bestehende kostenfreie Internetverbindungen im Sitzungsraum und einschlägige elektronische Fundstellen der auf der Tagesordnung stehenden Unterlagen erfolgen.

(2)  Insbesondere sollen entsprechend der Regelung des § 62 Abs. 6 der Hessischen Gemeindeordnung Vertretern derjenigen Bevölkerungsgruppen, die von ihrer Entscheidung vorwiegend betroffen werden, und Sachverständigen in den Ausschüssen zu Beratungen hinzugezogen werden.

(3)  Zur Steigerung des Interesses an den demokratischen Prozessen in der Gemeinde Lohra sollen laufende Kontakte zu Schulen und anderen Institutionen aufgebaut und vertieft werden; wechselseitige Besuche und regelmäßige Austausche können dazu besonders geeignet sein.

(4)  Der Gemeindevorstand kann entscheiden, ob zur Information der Bevölkerung und zum Meinungsaustausch auch die Möglichkeiten der Sozialen Medien genutzt werden sollten.

 

§12 Inkrafttreten, Überwachung

 

Diese Satzung tritt am Tag nach ihrer öffentlichen Bekanntmachung in Kraft.

Der Gemeindevorstand wertet die Anwendung der Satzung zwei Jahre nach ihrem Inkrafttreten aus, spätesten im Jahr 2023, und überprüft einen Änderungsbedarf. Sodann legt er der Gemeindevertretung einen entsprechenden Bericht vor.

 

Lohra,                                                                 Unterschriften