Redebeitrag des Vorsitzenden der BfB-Fraktion Harald Rink in der Gemeindevertretersitzung am 14.07.2016 in Lohra:

 

 

Herr Vorsitzender,

meine Damen und Herren,

 

die Vorlage (121/2016) sieht eine drastische Erhöhung der Bestattungsgebühren vor. In der aktuellen Diskussion um die Erhöhung wird immer wieder verwiesen auf den geringen Kostendeckungsgrad im Bereich des Bestattungswesens. Der Kostendeckungsgrad allein kann aber nicht das Maß aller Dinge sein. Viel wichtiger ist es ein Blick auf Möglichkeiten der Kostenvermeidung zu richten. Nimmt man Kosten für die Graberstellung von 2000€ an, was nicht unabänderlich ist, so belastet ein mäßiger Kostendeckungsgrad von 60 % die Gebührenpflichtigen bereits mit 1200€. Gelingt aber durch entsprechende Maßnahmen eine Kostenreduzierung, so kann selbst bei einem Kostendeckungsgrad von 80% sich ein geringerer Betrag für die Gebührenpflichtigen ergeben. Der Kostendeckungsbetrag sagt also allein noch nichts aus.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist der soziale Aspekt. Für viele Hinterbliebene, oft Alleinstehende im vorgerückten Alter erfüllt die Begegnung mit anderen Hinterbliebenen auf dem Friedhof eine wichtige soziale Funktion. Dieser Aspekt rechtfertigt durchaus von einem Kostendeckungsgrad von 100% abzusehen.

 

Ich möchte nun etwas genauer auf unseren Änderungsantrag eingehen. Wir reden von einer Gebührensatzung. Das bedeutet, wenn von Gebühren die Rede ist, muss eine konkrete Gegenleistung gegenüberstehen. Geringere Gegenleistung muss auch eine entsprechend geringere Gebühr nach sich ziehen. Daher haben wir auch im Antrag formuliert, dass „minderausgestattete“ Friedhofshallen eine geringere Nutzungsgebühr haben müssen.

 

Ein weiterer erwähnenswerter Aspekt ist, dass durch die Zunahme des Anteils von Muslimen in der Bevölkerung auch die Nachfrage nach Bestattungen nach muslimischem Ritus steigen wird. Hierbei ist es üblich, dass die Trauergemeinde das Grab mit Erde verfüllt.

Für das getrennte Ausheben und Verfüllen des Grabes gibt es in der neuen Satzung keinen separaten Gebührentatbestand. Das Erheben einer Gebühr ist also nicht durch die Satzung abgesichert bzw. justiziabel.

Es bedarf also einer separaten Ausweisung der Gebühren für den Grabaushub und die Verfüllung.

Ein günstiger Nebeneffekt hiervon ist, dass z.B. auch Nachbarn oder Vereinskollegen ein Grab verfüllen könnten, sofern es gewünscht ist. Auch hierbei würden Kosten für Hinterbliebene und Gemeinde gespart.

Ich möchte auf einen weiteren Aspekt unseres Antrages zu sprechen kommen; nämlich die Öffnung des Marktes für externe Dienstanbieter, wie z.B. Tiefbaufirmen, die über die jeweiligen Bestatter beauftragt werden könnten. Man sagt, Konkurrenz belebt das Geschäft; bzw. kann zu günstigeren Angeboten führen.

Eine ideale Kombination: Geringere Kosten und 100% Kostendeckung!

 

Ich möchte nun nochmal zum Thema Eigenleistung zurückkommen. Die derzeitige alte Satzung der Gemeinde Lohra lässt die Eigenleistung noch zu. Auch in anderen Gemeinden im Landkreis, wie im Ebsdorfergrund oder auch in einigen Marburger Stadtteilen wird derzeit noch Eigenleistung bei der Graberstellung praktiziert.

Es gibt keinen vernünftigen Grund hier in Lohra mit der neuen Satzung diese zu verbieten; zumal bei Graberstellung in Eigenleistung wie bereits erwähnt 100% Kostendeckung erreicht wird.

 

Der Kostendeckungsgrad im Bestattungswesen, (ohne Eigenleistung) beträgt derzeit etwa 30%.

Die über viele Jahrzehnte erbrachte Eigenleitung hat dafür gesorgt, dass zumindest für die Graberstellung keine Kosten angefallen sind. Dadurch haben die „Eigenleistenden“ viele Gemeindehaushalte merklich entlastet.

Es ist ein Akt der Gerechtigkeit diese erbrachte Eigenleistung nicht unter den „Tisch fallen zu lassen“, sondern diese anzurechnen.

 

Das wäre so, als wollte man nach 40 Rentenbeitragsjahren sagen, „Das System ist eingestellt, es gibt keine Rente“ – undenkbar.

Daher wurde auch ein entsprechender Antrag formuliert.

 

 

Abschließend noch ein paar Worte zum gemeinsamen Änderungsantrag von SPD und CDU:

50% sind zwar weniger als 60% bzw. die Vorstellungen des Gemeindevorstands, doch stört mich hierbei der  Automatismus mit der jährlich ohne Gemeindeparlament eine automatische Erhöhung vorgenommen werden soll.

 

Das erinnert ein wenig an die Praxis, mit denen Parlamente automatische Diätenerhöhungen beschließen, die dann nicht mehr öffentlich diskutiert werden müssen.

 

 

Ich danke für die Aufmerksamkeit.

 

gez. Harald Rink

 

 

V.i.S.d.P.: BfB-Fraktion in der Gemeindevertretung Lohra, Vors. Harald Rink, Friedrich-Walther-Str. 10, 35102 Lohra